Physikvorlesung WS 1998/99
Prof. Dr. A. Piel, IEAP, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
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Einstein, Anschütz und der Kieler Kreiselkompaß


Einstein segelnd Es wird in den Biographien über Albert Einstein in der Regel nichts erwähnt über seine Beziehungen zu Kiel und der Kreiselkompaßentwicklung der hiesigen Firma Anschütz. Diese historische Lücke füllt das 1992 von Dieter Lohmeier in den Schriften der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek herausgegebene Buch. Das Titelbild zeigt Albert Einstein und Hermann Anschütz-Kaempfe beim Segeln auf der Kieler Förde (vermutlich 1921).

Wegen der lokalen Beziehung dieses wenig bekannten wissenschaftlichen Beitrags Einsteins sei hier stichwortartig auf das Thema eingegangen. Interessierten sei das genannte Buch zum weiteren Studium empfohlen.

Kugelkompaß Die Freundschaft zwischen Anschütz und Einstein geht bis auf das Jahr 1916 zurück, als Einstein zu den unvermeidlichen Patentprozessen als unparteiischer Gutachter hinzugezogen wurde. Im Jahre 1922 tritt Einstein aber bereits als Privatgutachter von Anschütz & Co. auf. Diese Beziehung entwickelte sich in den folgenden Jahren zu einer engen Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Kugelkompasses (Bild links ). Einstein hatte wesentlichen Anteil am Patent von 1922 und bezog bis 1938 Anteile aus der wirtschaftlichen Verwertung dieses Patents.

Aufriß Das nordweisende Element eines solchen Kugelkreisels (Aufriß links) wird von zwei Kreiseln gebildet, die horizontal in je einem Käfig gelagert sind. Die Käfige wiederum sind mit vertikalen Achsenden ausgerüstet und in einem Rahmen montiert, der durch eine Kugelschale umschlossen wird.

Legende: a Kompaßkugel; b,c Kreisel (in Pfeilrichtung umlaufend); d Federn; e Blasspule; N Nordrichtung.

Grundriß Beide Kreisel in ihren Käfigen sind um ihre vertikalen Achsen drehbar gelagert, jedoch gegenläfig miteinander gekoppelt (s. Grundriß links). Dadurch kompensieren sich trägheitsbedingte Ausweichbewegungen, die durch Beschleunigungen ausgelöst werden.

Die Stromzuführung zum Antrieb der Kreiselmotoren löste Anschütz mit Hilfe einer tragfähigen aber elektrisch leitenden Flüssigkeit, in der die Kreiselkugel schwimmt. Da die Flüssigkeit aber nicht das Gesamtgewicht der Kugel tragen kann, legte Anschütz -- eine Idee Einsteins aufgreifend -- segmentartig angeordnete Magnete, die Blasspule, um die Kompaßkugel. In dem hier vorgestellten Modell von 1925 ist die Blasspule ins Innere der Kompaßkugel verlegt. Das Magnetfeld der Blasspule trägt und zentriert die Kompaßkugel in der äußeren Hüllkugel.

Seit 1923 bewohnte Einstein bei seinen Besuchen in Kiel eine kleine Zweizimmer Wohnung (seine Diogenes-Tonne) in unmittelbarer Nähe der Firma an der Schwentinemündung, die einen direkten Zugang zum Wasser hatte. Dort stand ihm auch ein Segelboot zur Verfügung. Einstein blieb Anschütz in persönlichem Briefwechsel bis zu dessen Tod (1931) verbunden.


Die gezeigten Abbildungen sind dem genannten Buch entnommen (Titelblatt, Abb.1, Abb.12)

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Erstellt: 6.1.99       Letzte Änderung: 11.1.99       AP