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Ein neues internationales Weltraumprogramm zur Erforschung der Sonne für das nächste Jahrtausend: Der Solar Orbiter der ESA


Führende Sonnenphysiker aus Deutschland und Europa haben auf einem internationalen Workshop der europäischen Weltraumbehörde ESA (European Space Agency), der am spanischen Institut für Astrophysik in Puerto de la Cruz auf Teneriffa Ende März 1998 stattfand, ein neues internationales Weltraumprogramm zur Erforschung der Sonne aufgestellt. Sonnenforschung ist und bleibt ein wesentlicher Bestandteil des Wissenschaftsprogramms der ESA, denn die Sonne als der uns am nächsten stehende Stern beeinflußt die Erde direkt und auf vielerlei Weise. Ihre Nähe erlaubt es uns in einzigartiger Weise, grundlegende astrophysikalische Prozesse im Detail zu erforschen.

Ziel des ESA-Workshops, an dem über hundert führende Wissenschaftler aus aller Welt teilnahmen, war es, aus den Vorgeschlagenen Missionskonzepten unter Berücksichtigung zukünftiger Forschungsschwerpunkte, neuer technischer Entwicklungen (z.B. elektrische Antriebssysteme oder "Sonnensegel") sowie der entstehenden Kosten das wissenschaftlich attraktivste Projekt für die ESA auszuwählen. Aus Deutschland sind Prof. O. von der Lühe vom Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik in Freiburg, Prof. R. Schwenn und Prof. E. Marsch vom Max-Plank-Institut für Aeronomie in Katlenburg-Lindau sowie Dr. Volker Botmer von der Abteilung Extraterrestrische Physik der Universität Kiel in den Expertenkommissionen der ESA tätig und an der Entwicklung der neuen Sonnenmissionen maßgeblich beteiligt. Auch am Astrophysikalischen Institut Potsdam besteht nach Aussage von Prof. K.-H. Rädler starkes Interesse an der Beteiligung an einer neuen Sonnenmission.

Prof. Marsch sagt zu dem von den Wissenschaftlern nach ausführlichen Diskussionen schließlich favorisierten Vorschlag für die neue ESA-Sonnenmission: "Die Weltraumsonde Solar Orbiter soll als Nachfolger der zur Zeit laufenden und sher erfolgreichen Sonnenmission SOHO (Solar and Heliospheric Observatory) und der Raumsonden Helios und Ulysses den europäischen Beitrag zum zukünftigen, gemeinsamen internationalen Sonnenforschungsprogramm der Weltraumbehörden ESA, NASA (USA), ISAS (Japan) und RSA (Rußland) bilden. Der ESA Solar Orbiter ist eine Raumsonde, die etwa ab dem Jahr 2007 die Sonne in nie zuvor erreichter Nähe umlaufen soll. Solar Orbiter wird der Sonne im Perihel seiner Bahn mit etwa 30 Sonnenradien dreimal näher kommen, als der Sonnen-nächste Planet Merkur und etwa siebenmal näher als die Erde. Von diser Bahn aus werdne wir ganz neue Möglichkeiten zur Beobachtung der Sonne haben, mit einer von der Erde aus nicht erreichbaren zeitlichen und räumlichen Auflösung, und so die Strukturen und Vorgänge auf der Sonne und in der Korona sehr genau analysieren können. Es wird sich für die Sonnenphysik eine neue Welt eröffnen."

Solar Orbiter ist der unverwechselbare Anteil der ESA an einem internationalen Missionskonzept für due zukünftige Sonnenforschung vom Weltraum aus. Weitere Kernstücke des Konzepts sind neben dem Solar Orbiter die Missionen STEREO (Solar Terrestrial Relations Observatory) und Solar Probe, die von der amerikanischen Weltraumbehörde NASA (National Aeronautics and Space Administration) unter Beteiligung deutscher und europäischer Forscher und mit Unterstützung der Esa entwickelt werden sollen.

Dr. Bothmer, deutscher Mitarbeiter im STEREO-Team der NASA, erläutert: "Mit STEREO werden zwei Sonden das Sonne-Erde System ab dem Jahr 2004 aus völlig neuen Perspektiven 'stereoskopisch' beobachten. Erstmals lassen sich so auch die Auswirkungen von Explosionen in der Sonnenatmosphäre und Auswürfe gigantischer Materiewolken in Richtung Erde direkt verfolgen. STEREO wird die in Folge der solaren Materiewolken hervorgerufenen Telekommunikationsstörungen, Z.B. beim Satellitennavigationssystem GPS (Global Positioning System), und auch andere solare Einflüsse auf die Erde untersuchen und in ersten 'Welraumwetterberichten' vorraussagen helfen."

Die amerikanische Sonde Polar Probe soll möglichst noch bis zum Jahr 2010 direkt zur Sonne fliegen und dort aus nur drei Sonnenradien Entfernung über der Sonnenoberfläche erstmalig direkte Messungen des Plasmas in der Sonnenatmosphäre liefern, während der Europäische Solar Orbiter gleichzeitig mit dem Vorbeiflug der Solar Probe die Sonne und ihre Korona mit optischen Instrumenten erforschen wird. Die Missionen Solar Orbiter, Solar Probe und STEREO ergänzen sich so in dem neuen Forshungsprogramm in idealer Weise.

Trotz der führenden Rolle deutscher Sonnenforscher bei den Missionsplanungen innerhalb der ESA und NASA ist die finanzielle Unterstützung für diese Vorhaben innerhalb Deutschlands noch nicht gesichert. Die Umstrukturierung des DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) und die Eingliederung der ehemaligen DARA (Deutscher Agentur für Raumfahrt Angelegenheiten) in das DLR haben bisher ungelöste Strukturprobleme für die Zuständigkeiten und Finanzierungen der Weltraumforschung mit sich gebracht. Die Sonnenforscher vertrauen dennoch darauf, daß BMFT (Bundesministerium für Forschung und Technologie) und DLR ihnen sehr bald die nötige Unterstützung zukommen lassen.


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