Einstein, Anschütz und der Kieler Kreiselkompaß
Es wird in den Biographien über Albert Einstein in der Regel nichts erwähnt über seine
Beziehungen zu Kiel und der Kreiselkompaßentwicklung der hiesigen Firma Anschütz.
Diese historische Lücke füllt das 1992 von Dieter Lohmeier in den Schriften der
Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek herausgegebene Buch. Das Titelbild zeigt Albert Einstein
und Hermann Anschütz-Kaempfe beim Segeln auf der Kieler Förde (vermutlich 1921).
Wegen der lokalen Beziehung dieses wenig bekannten wissenschaftlichen Beitrags
Einsteins sei hier stichwortartig auf das Thema eingegangen. Interessierten sei das
genannte Buch zum weiteren Studium empfohlen.
Die Freundschaft zwischen Anschütz und Einstein geht bis auf das Jahr 1916
zurück, als Einstein zu den unvermeidlichen Patentprozessen als unparteiischer
Gutachter hinzugezogen wurde. Im Jahre 1922 tritt Einstein aber bereits als Privatgutachter von
Anschütz & Co. auf. Diese Beziehung entwickelte sich in den folgenden
Jahren zu einer engen Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Kugelkompasses (Bild links ).
Einstein hatte wesentlichen Anteil am Patent von 1922 und bezog bis 1938 Anteile
aus der wirtschaftlichen Verwertung dieses Patents.
Das nordweisende Element eines solchen Kugelkreisels (Aufriß links) wird von zwei
Kreiseln gebildet, die horizontal in je einem Käfig gelagert sind. Die Käfige
wiederum sind mit vertikalen Achsenden ausgerüstet und in einem Rahmen
montiert, der durch eine Kugelschale umschlossen wird.
Legende: a Kompaßkugel; b,c Kreisel (in Pfeilrichtung umlaufend); d Federn;
e Blasspule; N Nordrichtung.
Beide Kreisel in ihren Käfigen sind um ihre vertikalen Achsen drehbar gelagert, jedoch
gegenläfig miteinander gekoppelt (s. Grundriß links). Dadurch kompensieren sich
trägheitsbedingte Ausweichbewegungen, die durch Beschleunigungen
ausgelöst werden.
Die Stromzuführung zum Antrieb der Kreiselmotoren löste Anschütz
mit Hilfe einer tragfähigen aber elektrisch leitenden Flüssigkeit, in der die
Kreiselkugel schwimmt. Da die Flüssigkeit aber nicht das Gesamtgewicht der Kugel
tragen kann, legte Anschütz -- eine Idee Einsteins aufgreifend -- segmentartig
angeordnete Magnete, die Blasspule, um die Kompaßkugel. In dem hier
vorgestellten Modell von 1925 ist die Blasspule ins Innere der Kompaßkugel
verlegt. Das Magnetfeld der Blasspule trägt und zentriert die Kompaßkugel
in der äußeren Hüllkugel.
Seit 1923 bewohnte Einstein bei seinen Besuchen in Kiel eine kleine Zweizimmer Wohnung
(seine Diogenes-Tonne)
in unmittelbarer Nähe der Firma an der Schwentinemündung, die einen
direkten Zugang zum Wasser hatte. Dort stand ihm auch ein Segelboot zur Verfügung.
Einstein blieb Anschütz in persönlichem Briefwechsel bis zu dessen
Tod (1931) verbunden.
Die gezeigten Abbildungen sind dem genannten Buch entnommen (Titelblatt, Abb.1, Abb.12)
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